Was wäre wenn ich heute gehe ...

Drehst du dich im Kreis

oder bewegst du dich weiter?

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Vor einigen Monaten, genauer sogar noch im Jahr vor den sonderbaren Geschehnissen der letzten Zeit, bat ich meine Frauenärztin um eine Überweisung an einen Spezialisten. Diesen Termin erbat ich mir aus zwei Gründen.

Zum einen sollte abgeklärt werden, ob ich aus gesundheitlichen Gründen meine Krampfadern in Kürze operieren lassen soll. Zum anderen wünschte ich mir endlich mehr Aufklärung über meine konkrete Situation, welche mich seit bald 20 Jahren begleitet. Als Jugendliche erhielt ich die Diagnose des genetisch bedingen Gerinnungsdefekts «Faktor V-Mutation Leiden». Für mich hat diese im Jugendalter, ausser dem Wegfallen hormoneller Verhütungsmittel, keine grösseren Auswirkungen gehabt. Dennoch fehlt mir bis heute ein wichtiger Teil an Wissen, was ich unbedingt gerne ändern würde.

Diese Genmutation bleibt oft unerkannt, weshalb ich mich entschieden habe, darüber zu schreiben und sprechen. Natürlich könntest Du selbst die Suchmaschinen beauftragen, um Dich etwas näher zu informieren. Auf diese Weise wurden bis anhin oft meine Fragen von den Ärzten beantwortet… Gerne liefere ich Dir jedoch an dieser Stelle einige Hintergrundinformationen.

*Besagter Gerinnungsdefekt kommt nämlich häufiger vor, als Du vielleicht denkst. Es betrifft 0,5-5 Prozent unserer Bevölkerung und verursacht eine Erbkrankheit, welche die Blutgerinnung stört. Dadurch erhöht sich das Thromboserisiko um den Faktor 5 bis 10.

Selbst bin ich, wie ungefähr 0,05-0,5 % der Bevölkerung, homozygote Anlageträgerin. Dies bedeutet, mir wurde die Disposition zufälligerweise über beide Elternteile mitgegeben, womit ein 50 bis 100-fach erhöhtes Thromboserisiko besteht.


(*Quelle: Medizinisch genetischen Zentrum München)

Darüber Bescheid zu wissen, hat bei mir persönlich viele Gefühle ausgelöst. Einerseits bin ich froh, überhaupt davon erfahren zu haben. Dieses Glück ist zwar relativ, denn es bedeutete für eines meiner Elternteile die Erfahrung einer Lungenembolie. Andererseits war aber genau diese Genveränderung und daraus resultierende Erfahrungen, einer der Hauptauslöser mich mit meiner eigenen Endlichkeit auseinanderzusetzen.

Aufgeklärt oder abgeklärt?

Für mich war es immer wichtig, weiter zu kommen. Bloss nie stehen zu bleiben oder mich auf Lorbeeren auszuruhen. Heute frage ich mich, wie ich das überlebt habe. Rückblickend würde ich diese Jahre an Hochleistung wohl nie mehr ohne Zusammenbruch schaffen. Dennoch glaube ich, dass es eine wichtige Lebenswahrheit ist, sich immer weiter zu bewegen. Sei dies körperlich oder mental, Stillstand sehe ich als echte Gefahr für unsere Gesundheit. So wünschen sich auch meine Venen einfach etwas Bewegung, um mir keine grösseren Schmerzen oder Probleme zu bereiten. Sie bereiten mir nämlich besonders dann Ärger, wenn ich mich auf Reisen, während Krankheit oder in dunklen Stunden nicht daranhalten kann oder will.

«Was wäre, wenn ich selbst entscheide, dass plötzlich alles anders ist?»

Früher bin ich mit Vollgas durch mein Leben gerast. Vielleicht aus dem Bedürfnis alles mitzunehmen, was nur geht. Vielleicht aber auch aus Angst in Ruhephasen meine Fragen oder Unsicherheiten kaum mehr übertönen zu können.

Anstatt an Dynamik zu gewinnen, erstarrte spannenderweise durch dieses rasante Tempo mein komplettes Leben. Neben massenhafter Alltagsroutinen und Schutzmechanismen blieb kein Raum für Spontanes, Verrücktes oder ein starkes Miteinander. Für das Schaffen von Erinnerungen, welche durch Talstrecken tragen. Innig-liebevolle Beziehungen, welche Arme reichen, wenn das Gefühl überwiegt, am Boden zu sein. Kurz blieb kein Raum für das, was das Leben in meinen Augen ausmacht.

Nach und nach entschied ich mich, aus diesem Stillstand auszubrechen und das Leben wieder einzuladen. Alten Ängsten die Ohnmacht zu nehmen, indem ich ihnen ins Gesicht blickte und somit erkannte, dass hinter ihrer verzerrten Maske ein warmes Lächeln auf mich wartete.

Mich mit der Endlichkeit auseinanderzusetzen gehört für mich inzwischen ebenso selbstverständlich zum Alltag wie die Frage nach meinen Wünschen für zukünftige Lebensmomente. So glaube ich verstanden zu haben, dass ich die Gestalterin meiner Wünsche bin und deren Erfüllung zu einem grossen Teil in eigenen Händen liegt.

Weder zu erzwingen noch krampfhaft daran festzuhalten, dass Dinge, Menschen oder Gefühle bei mir bleiben hat weitreichende Auswirkungen. Diese freizugeben, wenn es an der Zeit ist weiterzuziehen, bringt mich tatsächlich weiter. Ehrlicherweise sind diese Erfahrungen natürlich nicht immer leicht zu erleben. Dennoch sind sie eine unerwartet einfache Lösung. Seit ich mich im Loslassen übe, geht es sogar meinen Beinen (Venen) besser.

Wichtige Erkenntnis zum mitnehmen:

Dir Pausen zu erlauben und Zeit zu geben, schenkt Dir mehr als es je nehmen könnte.

Mit klaren, empathischen Worten vermittelt sie Wissen und Verständnis für die Tatsache, dass es im Leben nur eine Sicherheit gibt. Sie unterstützt damit Dienstleister im Umfeld des Todes bei der PR-Arbeit, führt einen Blog zum Thema «Leben ist tödlich» und organsiert öffentliche Veranstaltungen zum Thema Endlichkeit.

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